Kürbisrisotto mit Speck und Apfel – Herzhaftes Herbstrezept nach Volksrezepte-Art

Wenn die Tage kürzer werden, das Laub unter den Schuhen raschelt und der Geruch von feuchtem Holz und Rauch in der Luft liegt, ist für mich die schönste Kochzeit des Jahres gekommen. Der Herbst bringt all das, was die Küche reich macht – kräftige Aromen, erdige Noten und Zutaten, die nach Heimat schmecken. Kürbis gehört für mich fest dazu. Kein anderes Gemüse steht so sehr für den Übergang vom Spätsommer in die kühle Jahreszeit.
Ich erinnere mich noch gut an die großen, orangefarbenen Hokkaidos, die wir früher auf dem Markt gestapelt haben. Schon der Duft, wenn man ihn aufschneidet – leicht nussig, süßlich, fast ein bisschen wie Kastanie – kündigt an, dass jetzt wieder Schmorgerichte, Suppen und Aufläufe auf den Tisch kommen. Aber manchmal darf es auch etwas Feines, fast Zartes sein: ein Risotto mit Kürbis, Speck und Apfel.
Das ist für mich Herbst in einer Schüssel – cremig, kräftig, ein bisschen süß, ein bisschen rauchig. Ein Gericht, das sich wunderbar im großen Topf auf dem Herd machen lässt, aber auch im kleinen Rahmen für zwei Personen funktioniert. Ein einfaches, ehrliches Essen, das nach Handwerk und nach Zuhause schmeckt.
Zutaten für 4 Personen
- 600 g Hokkaido-Kürbis
- 200 g Risottoreis (Arborio oder Carnaroli)
- 150 g durchwachsener Speck, gewürfelt
- 2 Äpfel (säuerlich, z. B. Elstar oder Boskop)
- 1 l Gemüsebrühe, heiß
- 200 ml Weißwein
- 100 g Zwiebeln
- 80 g Butter
- 60 g Parmesan, frisch gerieben
- 30 ml Öl
- Pfeffer
- Salz
- Muskat
Zubereitung
Den Kürbis waschen, halbieren und die Kerne entfernen. Da der Hokkaido eine dünne Schale hat, kann sie dranbleiben. Das Fruchtfleisch in kleine Würfel schneiden. Die Äpfel schälen, entkernen und ebenfalls in feine Würfel schneiden. Zwiebeln abziehen und fein hacken.
In einem großen Topf den Speck ohne zusätzliches Fett langsam auslassen, bis er leicht knusprig ist und das austretende Fett den Boden bedeckt. Butter und Öl zugeben, die Zwiebeln darin glasig anschwitzen. Dann den Reis einstreuen und unter Rühren erhitzen, bis er leicht durchsichtig wird – das ist der Moment, in dem die Reiskörner das Fett aufnehmen und sich für den Sud öffnen.
Mit Weißwein ablöschen und rühren, bis die Flüssigkeit fast verkocht ist. Danach nach und nach heiße Brühe zugeben – immer nur so viel, dass der Reis gerade bedeckt ist. Dabei regelmäßig rühren, damit sich die Stärke löst und das Risotto cremig wird.
Nach etwa 10 Minuten Kochzeit die Kürbiswürfel einrühren. Der Kürbis soll weich, aber nicht zerfallen. Nach weiteren 10 Minuten die Apfelwürfel dazugeben. Sie bringen eine feine Säure und leichte Süße, die perfekt zum Speck passt.
Sobald der Reis bissfest und das Risotto sämig ist, Topf vom Herd nehmen. Parmesan unterheben, mit Pfeffer, Salz und einer Prise Muskat abschmecken. Ein Stück Butter unterrühren, kurz ruhen lassen und dann sofort servieren.
Wer mag, gibt vor dem Servieren noch ein paar Speckwürfel darüber oder etwas frisch gehobelten Parmesan.
Hintergrund und Handwerk
Ein gutes Risotto ist keine Zauberei, sondern das Ergebnis von Geduld, Gefühl und Wärme. Entscheidend ist, dass die Brühe heiß ist, der Reis nie austrocknet und man regelmäßig rührt – nicht ständig, aber aufmerksam. Der Reis gibt beim Rühren seine Stärke ab, und genau das sorgt für die cremige Konsistenz.
Die Sorte macht den Unterschied: Arborio oder Carnaroli sind klassische italienische Sorten, die viel Stärke enthalten und beim Kochen cremig werden, ohne matschig zu zerfallen.
Kürbis bringt hier eine weiche Süße und Farbe ins Spiel. Der Hokkaido ist ideal, weil er ohne Schälen auskommt und seinen Geschmack beim Garen intensiviert. Zusammen mit Apfel entsteht eine rustikale, fast bäuerliche Kombination, die man früher in vielen Regionen so oder ähnlich gekocht hat – besonders dort, wo Äpfel, Speck und Gemüse aus dem Garten leicht verfügbar waren.
Saison & Warenkunde
Im Herbst hat der Kürbis Hochsaison – von September bis November sind die Früchte voll ausgereift und aromatisch. Die Schale ist hart, das Fruchtfleisch fest und farbintensiv. Beim Einkauf sollte man darauf achten, dass der Kürbis eine glatte, unverletzte Schale hat und beim Klopfen hohl klingt – das ist ein Zeichen für Reife.
Kürbis ist nicht gleich Kürbis. Es gibt über 800 Sorten weltweit, doch nur wenige sind für die Küche wirklich interessant. Der Hokkaido, den wir hier verwenden, gehört zu den beliebtesten, weil man ihn mit Schale verarbeiten kann und er beim Kochen seine Farbe behält. Sein Geschmack ist mild-nussig, leicht süßlich und passt ideal zu Speck, Käse und Äpfeln. Außerdem hat er eine feste, aber nicht faserige Struktur – perfekt, um beim Risotto weich zu werden, ohne zu zerfallen.
Andere Sorten verhalten sich ganz anders: Der Butternut-Kürbis etwa hat ein zarteres, buttriges Fleisch und schmeckt leicht nach Süßkartoffel. Für Suppen ist er hervorragend, im Risotto wird er aber sehr weich. Der Muskatkürbis wiederum ist aromatischer, aber mit dicker Schale – eher etwas für erfahrene Messerführer. In vielen Regionen wurde früher auch mit kleinen Gartenkürbissen gearbeitet, die heute kaum noch bekannt sind. Sie hatten oft eine leicht bittere Note, was durch langes Schmoren ausgeglichen wurde.
Der Hokkaido, wie wir ihn heute kennen, ist eigentlich gar kein altes Gewächs. Er stammt aus Japan und wurde erst in den 1980er-Jahren in Europa verbreitet. Trotzdem hat er sich hier schnell durchgesetzt, weil er genau das verkörpert, was wir an der Volksküche lieben: unkompliziert, haltbar, vielseitig und geschmacklich ehrlich.
Ein guter Kürbis hält sich monatelang, wenn er kühl, trocken und luftig gelagert wird. Früher wurden sie oft auf Brettern oder in Holzregalen im Keller gestapelt. Wichtig ist, dass sich die Kürbisse nicht berühren, sonst beginnt einer zu faulen und steckt die anderen an. Einmal angeschnitten, sollte der Kürbis im Kühlschrank in Folie eingewickelt innerhalb von 3–4 Tagen verarbeitet werden.
Auch Äpfel spielen hier eine wichtige Rolle. Sie geben dem Risotto Frische, Säure und ein kleines Gegengewicht zur Butter und zum Speck. Besonders geeignet sind leicht säuerliche Sorten wie Boskop, Elstar, Cox Orange oder Rubinette. Diese Sorten behalten beim Garen Struktur, werden nicht matschig und bringen trotzdem Saftigkeit. Ein süßer Apfel würde das Gericht schnell zu weich und eindimensional machen.
Der Boskop etwa ist ein klassischer Kochapfel: säuerlich, fest und aromatisch, mit dieser typischen alten Apfelnote, die fast ein bisschen an Apfelwein erinnert. Elstar ist etwas milder, runder im Geschmack, dafür farblich kräftiger. Auch aus regionalen Streuobstwiesen lassen sich oft alte Sorten finden, die perfekt für die Küche sind – Sorten, die nicht immer schön aussehen, aber geschmacklich überzeugen.
Speck ist in diesem Rezept mehr als nur Würze – er bildet den aromatischen Rahmen. Sein Fett schmilzt beim Anbraten, verbindet sich mit dem Kürbis und zieht den Geschmack durch das ganze Gericht. Dabei sollte man keinen mageren Bacon nehmen, sondern richtig durchwachsenen Speck, am besten vom Stück geschnitten. Leicht geräuchert bringt er das typische Aroma, das an Ofengerichte, Pfannen und alte Bauernküche erinnert.
In vielen Regionen Deutschlands war Speck früher Grundnahrungsmittel und Würzmittel zugleich. Wenn das Fleisch knapp war, kam der Speck in die Pfanne, um Fett und Geschmack zu geben. Das hat nicht nur mit Hunger zu tun, sondern mit Vernunft – Fett trägt Aromen, macht Gemüse saftiger und sorgt dafür, dass ein Gericht befriedigt. Genau das tut er auch hier im Risotto.
Die Kombination aus Kürbis, Apfel und Speck hat also Tradition. Sie vereint süß, salzig und rauchig – drei Gegensätze, die sich perfekt ergänzen. Der Kürbis bringt Fülle, der Apfel Frische, der Speck Tiefe. Dazu der Reis, der alles verbindet, und Parmesan, der das Ganze rund macht.
Wer genau hinschaut, erkennt darin das Prinzip vieler alter Volksrezepte: einfache, regionale Zutaten, die sich gegenseitig tragen. Nichts Überflüssiges, kein Luxusprodukt – nur das, was da ist, aber richtig eingesetzt.
Ein Blick auf die Geschichte zeigt, dass der Kürbis lange Zeit als „Arme-Leute-Gemüse“ galt. Erst durch seine Vielfalt und die moderne Küche hat er seinen Ruf gewandelt. Heute ist er fester Bestandteil der saisonalen Küche, und das zu Recht. Denn kaum ein Gemüse lässt sich so vielseitig einsetzen: süß, salzig, gebacken, gekocht, gegrillt, püriert, gefüllt oder als Beilage.
Für dieses Risotto eignet sich besonders ein reifer, kräftig orangefarbener Kürbis. Junge, blasse Exemplare haben oft noch zu wenig Geschmack. Wer möchte, kann den Kürbis auch kurz im Ofen anrösten, bevor er ins Risotto kommt – so entstehen leichte Röstaromen, die dem Gericht Tiefe verleihen.
Ein weiterer Tipp: Den Reis nicht zu früh salzen. Der Speck und der Parmesan bringen bereits Salz mit, und das Risotto kann sonst schnell zu kräftig werden. Lieber am Ende abschmecken.
Beim Käse lohnt sich echter Parmesan (Parmigiano Reggiano). Er bringt Umami, Würze und Bindung. Manche verwenden auch Grana Padano oder Bergkäse – beides funktioniert, bringt aber leicht andere Nuancen.
Butter ist ebenfalls entscheidend. Sie wird am Ende eingerührt, um das Risotto zu „montieren“, also zu binden und glänzend zu machen. In der klassischen Risotto-Küche heißt dieser Schritt „mantecare“. Hier wird aus einem einfachen Reisgericht ein cremiges Ganzes.
Auch wenn das Risotto italienisch klingt – in seiner Art passt es perfekt in die deutsche Volksküche. Es vereint das, was gute Küche ausmacht: Zutaten aus der Saison, ehrliche Zubereitung und ein Ergebnis, das sättigt und glücklich macht.
So gesehen ist dieses Kürbisrisotto mit Speck und Apfel kein fremdes Gericht, sondern ein modernes Volksrezept – entstanden aus Tradition, Handwerk und der Lust auf gutes, ehrliches Essen.
Praxistipps und Varianten
- Weißwein kann durch Apfelsaft mit etwas Zitronensaft ersetzt werden.
- Mit gebratenen Pilzen als Topping wird das Risotto noch herzhafter.
- Ein Teil der Brühe kann durch Rinderfond ersetzt werden, um mehr Tiefe zu erzielen.
- Beim Aufwärmen etwas Brühe zugeben, damit die Cremigkeit bleibt.
- Auch auf dem Grill im Gusseisentopf gelingt das Risotto mit feiner Rauchnote.
Persönlicher Abschluss
Für mich ist dieses Risotto eines jener Gerichte, die man am liebsten mit Freunden teilt. Es riecht nach Butter, nach Speck und Kürbis – und schon während es auf dem Herd köchelt, verbreitet sich dieses Gefühl von Wärme, das man nicht beschreiben muss. Es ist ein einfaches, ehrliches Essen, wie ich es liebe: handwerklich, saisonal, mit Sinn für Geschmack und Sättigung.
Solche Gerichte sind der Kern der Volksrezepte – bodenständig, zugänglich und trotzdem mit Tiefe. Sie erinnern daran, dass gutes Essen nicht kompliziert sein muss, sondern vom Können, vom Verständnis für Zutaten und vom Handwerk lebt.
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Dort wird täglich gekocht, geteilt und diskutiert – genau so, wie es in der Volksküche immer war: miteinander statt nebeneinander.
